Emmaus soll ungefähr 11,5 km von Jerusalem entfernt gelegen haben. In welcher Richtung, da sind sich heute die Forscher uneins. Aber vielleicht ist es auch gar nicht so wichtig. Denn ich glaube, wir alle kennen den Weg. Den Weg, der beginnt, wo wir etwas begraben müssen, oder jemanden. Einen lieben Menschen. Eine Beziehung. Eine Hoffnung auf eine Zukunft, die wir uns ausgemalt haben. Ein Emmausweg beginnt da, wo alles dunkel ist und schwer auf den Schultern liegt.

Im Lukasevangelium wird erzählt: Zwei Menschen sind zusammen auf dem Weg. Weil es ja irgendwie weitergehen muss – wie auch immer das aussehen kann. Alles haben sie verloren. Zusammen erinnern sie sich, an das was war: „Weißt du noch, als Petrus versucht hat, wie Jesus übers Wasser zu gehen?“, „Weißt du noch, als wir kaum etwas zu essen hatten und dann haben zwei Brote und fünf Fische für alle gereicht?“. „Weißt du noch, als wir dachten, Jesus würde der Retter für ganz Israel sein? Weißt du noch?“ Und dann wandern die Gedanken und die Tränen schießen in die Augen und einer sagt: „Ach, lass doch. Es ist ja sowieso nicht mehr so.“

Einer geht mit. Er ist da und hört zu und stellt Fragen. Und dann erzählen sie ihm alles: Wie das war mit Jesus. Und selbst von der Zeit erzählen sie, als alles so schnell ging, dass sie kaum hinterhergekommen sind: Vom letzten Abend, wo die Soldaten Jesus mitgenommen haben, verurteilt, geschlagen und gekreuzigt. Und dann drei Tage später die Geschichte der Frauen: Das Grab soll leer sein, der Körper weg. Das heißt, jetzt haben sie keinen Jesus mehr, sowieso keinen lebendigen und nun nicht mal mehr einen toten. Also: Kein Heiland, kein Retter für Israel. Sie sind wieder allein.

Und der Fremde hört zu und schweigt. Und dann beginnt er zu reden. Dieselbe Geschichte, aber aus einer anderen Perspektive. Er erzählt von fremden geheimnisvollen Prophetenworten. Dass der Gottessohn leiden und sterben musste. Das ist kein Zeichen von Versagen und Abbruch, nein, es sollte so kommen. Er erzählt und sie hören zu.

Irgendwann tauchen im Abendlicht die ersten Häuser von Emmaus auf. Sie bitten ihn zu bleiben. Sie reden weiter, bis der Wein auf dem Tisch steht und das Brot. Der Fremde nimmt es, dankt Gott und bricht davon Stücke ab: Für jeden von ihnen eines.  

Foto: Debbie Hudson (Unsplash)

Und auf einmal haben sie alles wieder vor Augen. Jedes „Weißt du noch…?“: Weißt du noch, als Jesus uns Worte des ewigen Lebens gesagt hat? Weißt du noch als wir bei jeder Begegnung dachten, hier beginnt etwas ganz Großes. Und keiner sagt: „Ach lass, aber ist doch auch egal.“ Nein, denn das ist nicht mehr Vergangenheit, sondern jetzt in diesem Moment in ihren Köpfen und Herzen wahr.

Der Fremde ist auf einmal weg. Und sie sitzen da und sind sich sicher: Er war hier. Ohne Zweifel, das war Jesus. Denn so, wie ihr Herz gebrannt hat, so hat es nur in seiner Nähe gebrannt.

Das, macht nicht rückgängig, was passiert ist. Aber sie fühlen Leben. Und Freude. Und Hoffnung: Jesus lebt! Das was mit ihm begonnen hat, ist nicht zu ende. Es geht weiter. Hier und jetzt, in Emmaus und Flensburg.

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Ich weiß nicht, auf welchen Emmauswegen Sie grade unterwegs sind. Ob es etwas gibt, eine Hoffnung, einen Menschen, eine Beziehung, die Sie begraben mussten. Und ich weiß nicht, wie ihre Sätze lauten, die mit „Weißt du noch…?“ anfangen.

Aber es gibt eines, was ich weiß: Da geht einer mit. Das merkt man manchmal nicht, weil er sich selten direkt zu erkennen gibt. Mal sieht er aus wie ein Gärtner und mal wie ein Fremder. Er geht mit und hört zu. Er spricht Hoffnungsworte. Bis am Horizont Häuser zu sehen sind, wo man sich ausruhen kann.

Und das wird nicht ändern, was Sie erlebt haben. Aber es gibt Ihrem Blick eine Richtung: Denn Jesus verheißt auch uns, am Ende des Emmauswegs, da ist wieder Licht und Lebendigkeit. Und ein Gott, der Brot reichen wird für den Körper und die Seele. Und unser Herz wird brennen.

Ein Gebet mit dem Lied „Bleib bei mir, Herr“ (EG 488, Text Theodor Werner):

Foto: Tarik Haiga (Unsplash)

Bleib bei mir, Herr! Der Abend bricht herein.
Es kommt die Nacht, die Finsternis fällt ein.
Wo fänd ich Trost, wärst du mein Gott nicht hier?
Hilf dem, der hilflos ist: Herr, bleib bei mir!

Bleiben Sie behütet und gesegnet!


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