„Auf dich ist ja eh kein Verlass.“

„Du bist die älteste Schwester ­– das heißt, du musst die Vernünftige sein.“

Es gibt so Sätze, die haften uns an, wie Etiketten. Die sagen uns, wer wir sind oder sein sollen. Die legen uns auf etwas fest. Und dann kleben sie an uns, prägen uns und manchmal übernehmen wir sie dann auch.

Manche Etiketten geben wir uns auch selbst. „Ja, so bin ich eben. Das konnte ich noch nie.“ Oder „Ich kann eben einfach nicht so mit Menschen.“ Und vielleicht liegt da auch etwas Wahres drin. Aber diese Sätze sagen nie etwas über unser Wesen aus. Das ist wichtig.

Manche Etiketten tun ja auch gut. Wenn uns jemand etwas sagt, was uns größer wachsen lässt. Was uns regelrecht beflügelt. „Du bist doch hier die beste Zeichnerin.“ Oder „Wenn du singst, geht mir das Herz auf.“ Solche Sätze tun gut.

Aber viele andere Etiketten haften uns länger an, als uns lieb ist. Die fühlen sich unfair an, weil sie uns auf etwas reduzieren, was wir schon lange nicht mehr sind – oder noch nie waren.

Oder weil sie nur eine kleine Facette von uns zeigen – aber doch nicht alle anderen Seiten, die genauso zu uns gehören.

In dieser Woche erinnern wir uns an unsere Taufe. Daher heißt er auch „Taufsonntag“.

Und ich glaube: Taufe hat auch etwas mit Etiketten zu tun. In der Taufe nimmt Gott dir deine Etiketten ab. Wäscht sie mit dem Wasser weg. Das was andere über dich sagen, und das, womit du dich selbst festlegst. Und er schreibt dir einen Satz ins Herz: Wer du wirklich bist und schon immer warst und bleiben wirst.

So wie bei Jesus: Noch bevor er die ersten Menschen geheilt und das erste Kind gesegnet hat, bevor er das erste Gleichnis erzählt, da steigt Jesus zu Johannes in den Fluss. Lässt sich ganz untertauchen im Wasser. Und als er wieder auftaucht, durchnässt und wasserumspült, da öffnet sich der Himmel. Und eine Stimme sagt: „Du bist mein geliebter Sohn. An dir habe ich Wohlgefallen.“

Ein Satz gegen alle Etiketten.

Denn die Etiketten werden kommen: Kurz nach der Taufe werden Menschen anfangen, über ihn zu reden: „Er ist doch nur Zimmermannssohn!“,  „Was kann aus Nazareth schon gutes kommen…?“ und sogar: „Ein Fresser und ein Weinsäufer – das ist er.“

Aber nichts davon trifft, wer er wirklich ist. Nur der eine Satz: „Du bist mein geliebter Sohn.“

Und auch heute noch, wenn wir jemanden taufen, dann glauben wir, dass Gott ihm oder ihr das ins Herz schreibt: „Du bist mein geliebtes Kind.“

Und das heißt dann auch: Gott geht mit dir durch die Wasserfluten des Lebens. Auch wenn dir das Wasser bis zum Hals steht, verlässt er dich nicht.

Und keiner, wirklich keiner hat das Recht, dir Etiketten zu verpassen, die dich kleinhalten oder in Formen pressen. Das einzige was zählt ist:

„Du bist mein geliebtes Kind. An dir habe ich Wohlgefallen.“

Wenn ihr zu mehreren seid, könnt ihr euch ja diese Woche mal gegenseitig an eure Taufe erinnern. Euch am Strand mit Meerwasser bespritzen und sagen: „Du bist getauft.“

Foto: Samara Doole (Unsplash)

Und wenn du allein bist, geht das auch. Dann halte dein Gesicht in den Sommerregen. Spüre die dicken warmen Tropfen auf der Stirn und flüster dir selbst zu: „Ich bin getauft.“

Wenn du Töpfe spülst und Geschirr abwäscht: Lass das Wasser über deine Hände rinnen und dann zeichne dir ein Kreuz aus Wasser und Schaum auf die Hand. „Ich bin getauft.“

Und wenn du in die Ostsee springst, mit dem ganzen Körper untertauchst, bis die Luft nicht  mehr reicht. Und dann prustend auftauchst, nach Luft schnappst und spürst, wie sich das anfühlt: Aus der Taufe neu ins Leben aufzutauchen.

Dann erinnere dich

„Ich bin getauft. Ich bin Gottes geliebtes Kind.“


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