„Wie lange noch…?“ – „Wann sind wir da?“ – „Wann ist endlich Nikolaus?“

Kinder müssen das Warten erst lernen: Warten, bis man an der Reihe ist. Warten, bis jemand Zeit hat. Warten bis der erste Schnee fällt oder bis die Sendung mit der Maus anfängt. Warten, warten, warten.

Ob warten wohl im Laufe des Lebens einfacher wird?

Gelegenheiten zum Üben gibt es ja auch als Erwachsene zuhauf: Warten auf Feierabend. Oder auf die Bahn. Warten im Wartezimmer oder auf die Klausurergebnisse. Warten, dass jemand wieder gesund wird. Oder ein Testergebnis kommt. Warten auf ein Kind, das im Bauch wächst. Auf eine Beförderung.

Warten. Harren. Erwarten. Bangen. Ganz unterschiedlich.

Eine meiner Lieblings-Warterinnen in der Bibel ist Maria. Maria, die Besuch vom Engel bekommt. Und der Engel verheißt ihr wunderbar-großes: „Du wirst schwanger werden und einen Sohn zur Welt bringen. Jesus soll er heißen. Er wird mächtig sein, und man wird ihn Sohn des Höchsten nennen. Gott, der Herr, wird ihm die Königsherrschaft seines Stammvaters David übergeben…Seine Herrschaft wird niemals enden.“ Maria ist fast ganz stumm während der Engel spricht. Nur eine kurze Frage stellt sie und der Engel fährt fort: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird sich an dir zeigen. Darum wird dieses Kind auch heilig sein und Sohn Gottes genannt werden.“

Und ich kann mir vorstellen: am Ende, da hätte beides passieren können. Maria hätte Angst bekommen können, hätte überrollt werden können von dieser riesigen Nachricht von dem Kind, was sie von da an erwartet: Wenn Joseph mich verlässt? Und meine Familie mich verstößt? Mit welcher Kraft soll ich mich allein um ein Kind kümmern? Wie soll ich das schaffen?

Aber es kommt anders. Für mich hört es sich so an, als würde sich durch die Worte des Engels etwas in Maria öffnen. Als würde Maria mit jedem von Gabriels Sätzen innen angefüllt werden mit Stärkung und Gewissheit und Heiligem Geist. Maria lässt sich mit ganzem Herzen prägen von dem, der da kommt. So dass sie am Ende gewiss sagen kann: Mir geschehe, wie du gesagt hast. Warten wird Erwartung, Leben aus der Verheißung.

Und vielleicht heißt Advent also auch das: Zu üben, uns zu öffnen – Platz zu machen für das, was uns verheißen ist. Indem wir immer wieder auf die Worte hören,  auf die Liedern und Melodien, die von dem singen, auf das wir hinwarten:

Gott ist nahe.

Das Volk, das im Finsteren wandelt, sieht ein helles Licht. Und über denen, die da wohnen, im finsteren Lande scheint es hell.

Tochter Zion, freue dich. Juble laut Jerusalem. Siehe, dein König kommt zu dir, ein gerechter und ein Helfer.

Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.

Und das größte Geschenk ist doch: Am Ende wartet Gott mit Geduld auf uns. Er wartet, bis auch du an der Krippe angekommen bist. Angefüllt mit Adventshoffnung, mit gestärktem Herzen. Oder auch mit Glauben, klein wie ein Senfkorn. Gott gesteht uns unser Tempo zu. Und wenn er es gar nicht mehr aushalten kann, dann macht er sich auf den Weg zu dir.

Daher: Seht und erhebt eure Häupter, denn das Kommen des Herrn ist nahe. Amen.

Einen gesegneten 2. Advent!

Bildnachweis: Rostyslav Savchyn und Aaron Burden (unsplash)


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